1995 - 2015
20 Jahre Wiederelektrifizierung Camburg - Probstzella
Am 28.Mai 2015 jährt sich das 20-jährige Jubiläum des elektrischen Lückenschlusses, der bis dahin noch getrennt geführten Oberleitungsnetze in Ost und West. Zwischen Camburg und Probstzella sowie Bebra und Neudietendorf wurde der elektrische Zugbetrieb aufgenommen, rollten die Züge ohne den bis dahin obligatorischen Lokwechsel.
Auf dieser Seite will ich mich mit der Saal-Bahn beschäftigen. Der Abschnitt Camburg - Probstzella war bis 1946 bereits einmal elektrifiziert gewesen. Dann mussten die Oberleitungsanlagen als Reparation abgebaut werden. Ab 1992 war man daran gegangen, den ebenfalls als Reparartionsfolge eingleisig zurückgebauten Streckenabschnitt Saalfeld - Probstzella wieder 2-gleisig herzurichten. Zwischen Saalfeld und Camburg war dies bereits zu DDR-Zeiten erfolgt. Ab 1993 begannen dann auf dem Gesamtabschnitt die Arbeiten zur Elektrifizierung selbst. In der Regel wurden zunächst neue Kabeltröge verlegt, dann die Masten gestellt und schließlich die Strippe gezogen. Gleichzeitig wurde betrieblich rationalisiert. Die Bahnhöfe Unterloquitz, Kaulsdorf, Uhlstädt, Kahla und Porstendorf wurden aufgelöst oder zu Blockstellen zurückgebaut. Hockeroda zur Abzweigstelle. Im Mai 1995 war man dann rechtzeitig fertig. Aber statt dann zu feiern, ging die Inbetriebnahme sang- und klanglos von statten. Unter anderem davon soll diese Seite berichten. |
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Die Arbeiten fanden nicht stringent von A nach B statt, sondern es ging quer Bett. So hängte man bereits im Sommer 1994 im Stadtgebiet von Rudolstadt die Oberleitung auf. Hier ein Arbeitszug mit der Saalfelder 345 107 nahe des Posten 60. Die Lok ist zur Kontrolle der richtigen Lage des Drahtes mit einem Pantographen ausgerüstet. Einer Spezialität, die Anfang der 80er Jahre bei der Reichsbahn erfunden wurde. (12.07.94)
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Wenige Kilometer weiter nördlich, in Uhlstädt, begannen die Arbeiten erst viel später. Im September '94 wurde das Richtungsgleis Rudolstadt Gbf - Orlamünde für mehrere Wochen wegen Umbaumaßnahmen in Uhlstädt voll gesperrt. Unter Deckung dieser Sperrung wurde auch die Fahrleitung installiert, während im Betriebsgleis nicht einmal die Masten aufgestellt sind. Ab Dezember kam dann die andere Seite auf die gleiche Weise dran. Rechts sieht man den zuvor neu erstellten Kabelkanal. Dass eine Weißenfelser Lok (hier 201 070) soweit südlich im Arbeitszugdienst zum Einsatz kam, war eher ungewöhnlich (22.10.94)
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Am 16.05.95 war es dann so weit. Der Abschnitt Probstzella - Camburg wurde unter Spannung gesetzt. Die bisher getrennten Netze waren somit elektrisch verbunden. Zunächst passierte aber nichts weiter. Erst am 23.05.95 gab es eine erste elektrische Zugfahrt. Ursprünglich war geplant, dass mit dieser Lok in den Bahnhöfen alle überspannte Gleisverbindungen befahren werden sollten, um die ordnungsgemäße Montage der Oberleitung sicherzustellen. Dies stellte sich als schwierig heraus und brauchte viel mehr Zeit als vorgesehen. Also brach man in Göschwitz ab und fuhr mit der Lok nur noch auf dem Hauptgleis nach Probstzella und von dort wieder zurück nach Camburg.
Zum Einsatz kam die 155 237 vom Bw Weißenfels, hier bei der Durchfahrt in Rudolstadt-Schwarza mit gut 90 Minuten Verspätung. Eine weitere Aufnahme von dieser Fahrt gibt es hier |
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Die zweite elektrische Zugfahrt fand dann erst wieder 3 Tage später, am Freitag, 26.05.95 statt. Wenn schon die Politik nicht feiern wollte, so dann wenigstens die beteiligten Firmen bzw. deren Mitarbeiter. Am Vormittag verkehrte ein aus 4 Rekowagen sowie der Engelsdorfer E94 056 bestehender Sonderzug von Großheringen nach Probstzella. Hier kurz nach dem Bahnhof Rudolstadt-Schwarza.
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Eine weitere Aufnahme des Zuges. Das Wetter war schlecht, aber es regnete wenigstens nicht.
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Nachmittags klarte es auf. Beim warten auf die Rückfahrt der E94 war noch einmal Gelegenheit das abzulichten, was über viele Jahre Standard war. Sowohl Dieselloks als auch die 2-teilige Doppestockeinheiten werden planmäßig hier nicht mehr zum Einsatz kommen.
Für die 232 155 war es der letzte Saalfelder Einsatztag. Am nächsten Tag wird sie nach Schwerin umgesetzt werden. (26.05.95 bei Remschütz) |
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Kurze Zeit später rollte dann der Sonderzug mit E94 056 für die feiernden "Bauusführenden" heran. Probstzella - Großheringen lautete der Zuglauf. Und das war es dann schon wieder in Sachen elektrischer Traktion am 26.05.95 (bei Remschütz)
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Auch am letzten Tag des Winterfahrplans 1994 / 1995, Samstag 27.05.95, gab es nur ein einziges elektrisches Zugpaar zwischen Camburg und Probstzella! Erneut war es die Engelsdorfer E94 056 (diesmal aber beschriftet als 254 056-5), die zum Einsatz kam. Wer den Einsatz der Lok organisiert hat, kann ich nicht sagen. Hier sieht man sie jedoch mit dem Dg 55615 Engelsdorf - Nürnberg Rbf bei der Durchfahrt Rudolstadt-Schwarza. Erneut war das Wetter schlecht.
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Natürlich wurde das Zugpaar wie üblich in Probstzella umgespannt, sonst wäre der Einsatz umlauftechnisch zu aufwändig geworden. Die Rückleistung bestand aus dem Dg 55610 Nürnberg Rbf - Engelsdorf, hier erneut aufgenommen in Rudolstadt-Schwarza. Vom selben Standort wie auf der Hinfahrt. Im Gegensatz zum Vortag klarte es aber nicht auf. Aber dies sollte sich über Nacht ändern.
Passend zum Wetter ging es wenige Stunden später elektrisch von 0 auf 100 in die Vollen. |
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Der erste elektrische Zug, der in Probstzella durchfuhr, war IC 804 (Nürnberg - Berlin), bespannt mit der Nürnberger 120 106. IC 804 war an diesem Sonntag auch der erste Fernverkehrszug in Saalfeld (an 08:39 Uhr).
Wie man sieht, sind ein paar Interessierte gekommen, um dem historischen Augenblick beizuwohnen. Aber es gab keinerlei offizielle Aktivitäten. Kein Politiker, keine höhere Eisenbahnercharge, die sich blicken ließ. Eine kleine Zeitungsnotiz - zumindest mit Foto - war dann alles. Kleine Randnotiz: Seinerzeit fuhren mit dem D 1906/1907 und dem Talgo 1900/1901 zwei Nachtzugpaar die Saal-Bahn. Ich kann aber nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob diese 4 Züge in der Nacht Samstag/Sonntag bereits elektrisch bespannt waren. Ich glaube es aber nicht, da ich mir den IC 804 als ersten Zug notiert hatte. |
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Neu zum Fahrplanwechsel eingeführt wurde die RB/RE-Linie Lichtenfels - Saalfeld
Die 141 370, die hier in Saalfeld umsetzt, bespannte an jenem Morgen die erste SPNV-Leistung ab Lichtenfels und traf vor dem IC 804 ein. Die Lok war somit die erste Bundsbahn-Lok die mit eigener Kraft Saalfeld erreichte. Im übrigen waren die ersten elektrischen Leistungen ab Saalfeld RB 6705 (Jena Sbf ab 4:46, Saalfeld ab 5:35, Probstzella ab 6:02) nach Lichtenfels und RB 7366 (Saalfeld ab 5:55) nach Naumburg. |
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Den Nahverkehr auf der Saal-Bahn übernahmen neu Hallenser 143. Wie man auf diesem, aber auch auf den anderen Bildern sieht, war der elektrische Aufbau in Saalfeld noch lange nicht fertig. Zur Betriebsaufnahme standen lediglich 3 Durchfahrgleise (nämlich die Gleise 3, 4 & 5) zur Verfügung. Güterzüge konnten also nur kurz zum Personalwechsel halten, oder mussten weiterhin mit Dieselloks bespannt werden. Die Nahverkehrszüge mussten weggesetzt und neu bereitgestellt werden.
So wie hier. 143 273 vom Bw Halle P stellt ihre nächste Leistung Richtung Naumburg / Großheringen am Bahnsteig 5 bereit. |
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Dann war es Zeit (09:16 Uhr) für den seinerzeitigen Starzug auf der Saal-Bahn. EC 11 "Mimara" Leipzig - Zagreb, bestehend aus kroatischem Wagenmaterial und einigen ÖBB-Verstärkern und der Lok 103 130.
Dies war der erste südwärts gehende durchgehende Fernverkehrszug. Wie man sieht auch hier: alles gaaanz normal. Nur einige besondere Augenzeugen waren gekommen. |
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Das ständige Um- und wegsetzen sorgte in den ersten Wochen und Monaten natürlich zu einem stark erhöhtem Aufwand. Dieser konnte erst nach und nach mit dem überspannen weiterer Gleise zurückgefahren werden. Aber auch 20 Jahre später sind beispielsweise die Überholgleise in Rudolstadt-Schwarza und Rudolstadt Pbf immer noch nicht überspannt und können so betrieblich kaum genutzt werden. Dabei müsste man nicht einmal Masten aufstellen, denn die Ingenieure planten so, dass der Draht an die vorhandenen nachträglich aufgehängt werden kann.
Hier wird 143 201, die in den frühen Nachtstunden mit einigen anderen Loks aus Halle nach Saalfeld überführt wurde von einer Lok der BR 204 an ihren zu übernehmenden Wagenpark gesetzt. Die Diesellok war notwendig, weil auch im Bw-Bereich noch keine Gleise überspannt waren. |
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2 Stunden nach dem "Mimara" kam der nächste IC (IC 801 nach München). Diesmal war Berlin der Startbahnhof. Die 103 139 kam jedoch erst in Leipzig an den Zug. Hier zu sehen in Uhlstädt. Diese Stelle hatten wir schon mal. Etwa am 3.Mast auf der rechten Seite stand vorhin die 201 070 in Gegenrichtung.
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Auch das IR-Paar 2203/2202 Berlin - Halle - Nürnberg wurde natürlich elektrisch gefahren. Hier ebenfalls am 28.05. bei Etzelbach. Regelbespannung war nun eine Berliner 112.1, hier 112 124. Die Lok wird in Nürnberg den Zug umfahren und dann nach 90 Minuten Aufenthalt den Zug zurückfahren.
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