Morbider Charme
(Bearbeitungsstand August 2020)

Auf dieser Seite sollen von Zeit zu Zeit einige Fotos vorgestellt werden, die das Geschehen abseits des eigentlichen Zugverkehrs dokumentieren sollen. Noch Eisenbahn - aber schon lange keine Züge mehr. Langsames Sterben von Infrastruktur oder Fahrzeugen - je nachdem, was vor die Linse kommt. Nicht immer ist trauiges zu zeigen. Manchmal unfreiwillig komisch - jedenfalls für Insider. Oder schön für die, die zu sehen verstehen... Morbider Charme eben.

Beginnen wir in München. Westlich des Direktionsgebäudes befindet sich die alte Post-Halle. Ähnlich einem Kopfbahnhof verzweigte sich die 2-gleisige Zuführung vom Münchner Hbf (durch den noch heute so genannten "Posttunnel", nun aber nur zur Vn führend) auf 15 Hallengleise. Postzüge sind lange Vergangenheit, das Gelände lag jahrelang brach und wuchs zu. Im Jahr 2008 kam Bewegung in die Sache, die alten zugewachsenen Gleise wurden entfernt. Von der Richelstrasse wurde ein Verbindungsweg zum ebenfalls neu gebauten Radweg von Laim zur Donnersbergerbrücke quer über das Gelände geschlagen. Dieser ist schwach als braune Linie mit der Straßenbeleuchtung in Bildmitte zu erkennen. Freilich ohne das Umfeld zu gestalten...

...und so stand im Sommer 2010 das alte Poststellwerk als Ruine immer noch. Hier vom gleichen Standort wie obiges von der Posthalle fotografiert. Alle alternativen Nutzungskonzepte zerschlugen sich bislang. Bleibt nur der Abriß?

Nein! 2 Jahre später wurde in diesem alten Stellwerk eine Kindertagesstätte eingerichtet. Zuvor war das Gebäude entkernt worden. Es ist mir allerdings nicht bekannt, ob die Steppkes im ehemaligen Bedienraum an einer Modelleisenbahnanlage schon mal üben, wie es ist Fahrdienstleiter zu sein. ;-) (Foto vom Mai 2013)

Hätten Sie es erkannt? 2016/17 kam es erneut zum Totalumbau des alten Poststellwerks (Foto vom Juni 2018). Es wurde um ein Stockwerk erweitert, links wurde ein Anbau hochgezogen, das (neue) Dach ist jetzt auch nutzbar und Feuerschutztreppen angebaut. Nun ist es zwar bestimmt sehr sicher - aber als schön kann man nun wohl nicht mehr bezeichnen.

Noch weiter nach rechts gewendet: Hier hat man die im Laufe der Jahre gewachsene Natur nicht entfernt, dort lagen / liegen ja auch keine Gleise. Zu den Fragen die wohl niemand beantworten kann, gehört die, warum ausgerechnet der Uhren-Mast die Zeiten überdauerte (Sommer 2010).

Auch im Bereich der Vorstellgruppe Vn gab es nicht mehr benötigte Gleise. Diese wurden im Rahmen des Nutzungskonzeptes Hirschgarten, zu dem auch der Bau des gleichnamigen Haltepunktes an der Münchner S-Bahn-Stammstrecke in Höhe der Friedensheimerbrücke gehört, abgetragen um den Radweg und andere neue Infrastruktur errichten zu können. Offenbar gab es südlich des "Backstages" (eines - man möge mir verzeihen - Disco-Schuppens) einmal einen Bahnübergang. Die Bauarbeiter hielten es aber offenbar nicht für nötig, beim Bau der Zuwegungsgrampe das alte Andreaskreuz zu entfernen. Man schüttete den Pfahl des Verkehrsschildes einfach mit zu, so dass nur das Andreaskreuz selbst herausragt. Wenn sich keiner findet, der es abmontiert, kann man es als Langzeitexperiment zur Korrosionsbeständigkeit betrachten.

Westlich der Friedensheimerbrücke existierte einmal der Rangierbahnhof München-Laim. Von diesem ist nur noch die alte Einfahrgruppe übriggeblieben und wird heute als Betriebsbahnhof genutzt, sowie als Zufahrt zum (ICE-)Werk München, nach Vn und Vs. Die 10-gleisige ICE-Abstellgruppe wurde bereits vor Jahren auf dem alten Rbf-Gelände gebaut, vor einiger Zeit auch ein neues Wohnviertel. Im Jahr 2011 soll links in der Vegetation eine neue zentrale Waschanlage für Züge von DB Regio enstehen. Mittendurch wurde der bereits angesprochene Radweg Laim-Donnersbergerbrücke geteert. Aber warum hier die Gleistafel stehenblieb, ist wieder so eine dieser Fragen...

...wobei es nicht nur die eine Gleistafel ist. Auch die vom Gleis 9 blieb stehen. Letztlich bauten hier die Arbeiter nur die eigentlichen Wege. Zwischendrin verlief mal ein Gleis. Das Schotterbett blieb unberührt. Ein ganzheitliches Projekt sieht anders aus, den Eisenbahnfreund freut es.

Auch dieser Prellbock des Gleises 6 blieb im Niemandsland stehen. Warum hier der Radweg im Zick-Zack geführt wird, entzieht sich meiner Kenntnis. Der Schaltkasten im Grünen wird es doch wohl hoffentlich nicht gewesen sein.

Hier am Startpunkt der Chiemseebahn wurde das Schild offenbar mindestens seit 1994 nicht mehr aktualisiert. 16 Jahre unveränderter Fahrplan der Chiemseebahn. Trotz eines in dieser Zeit vollkommen geänderten Zugangebotes auf der Strecke Salzburg - Rosenheim mit einem zwischenzeitlich eingeführtem Taktverkehr und demenstprechend anderen Anschlüssen. Warum fährt der letzte Zug zu einer so krummen Zeit (Minute 54)?. Der eigentliche Anlass zum Foto war aber der veraltete DB-Keks im August 2010.

Im Osten des Gbf Rudolstadt gibt es eine Anschlussbahn, die über eine eigene Betriebsführung verfügt. Hauptnutzer waren das Betonwek Rudolstadt und die Getreidewirtschaft. Beide verfügten über eigene Klein-Rangierloks. Die auf dem Güterbahnhof stationierte Rangierlok der DR vom Bw Saalfeld (eine Kö bzw. in der 1980er Jahren eine 101), übergab hier an der Südseite der so genannten VEAB (Volkseigener Erfassungs- und Aufkaufbetrieb) die Waggons. Heute erhält nur noch die Getreidewirtschaft (als Raiffeisenlager firmierend) von Zeit zu Zeit ganzzugweise Getreide. Dann werden diese Gleise sogar noch ab und an befahren (Aufnahme April 2011). "Wüst" steht übrigens für "Wagenübergabestelle" und hat mit einer scheinbaren Wüste nichts zu tun.

Von diesen Gleisen lässt sich das leider nicht mehr sagen. Warum hier ein paar Meter Schienen fehlen, ist unklar. Jedoch ist am Standort des Fotografen ohnehin Schluss. Ursprünglich ging es dort noch zu einem weiteren Anschluss weiter, der aber schon lange nicht mehr existiert und neu überbaut ist. Soweit ersichtlich ist das geradeaus führende Gleis noch mit den übrig gebliebenen Gleisanlagen verbunden und könnte theoretisch noch befahren werden (Aufnahme April 2011).

Eine Dornröschenlokomotive konnte im griechischen Pirgos auf dem Peloponnes abgelichtet werden. (Aufnahme April 2013).

Im Depot Kalamata im Süden des Peloponnes stand auch eine Dampflok, die dort schon seit Jahren nicht mehr bewegt wurde. Davor ein kleiner Drehkran. Unklar war, warum die Pflanzenstränge nicht auch so grün wie in Pirgos waren. Wurde etwa ein Unkrautvernichtungsmittel eingesetzt? (Aufnahme April 2013).

In Korinth, am geichnamigen Kanal, stehen im alten Meterspurbahnhof diese überflüssigen Fahrzeuge herum (Aufnahme April 2013).

Süderbarup ist unter anderem Endpunkt der Nebenbahn aus Kappeln. Die Flensburger Eisenbahnfeunde betreiben auf dieser Strecke ihre Museumsbahn mit überwiegend skandinavischen Fahrzeugen. Ein Teil der Sammlung steht ungeschützt auf einem Süderbaruper Nebengleis. (Aufnahme August 2013).

Im Augsut 2013 ließ der Anschluss des Bf Süderbarup an das ESWT Lindaunis bereits 2 Jahre auf sich warten. Nichts desto trotz war bereits im Vorfeld des Einfahrsignal der Kappelner Strecke still gelegt und durch eine Trapeztafel ersetzt worden. Dass das Einfahrsignal immer noch steht, liegt vermutlich daran, dass der Abbau der alten Signale zum ESTW-Projekt gehört.

Baustelle, Hof einer Baufirma oder ein wilder Schuttpatz? Das war beim Fotohalt auf die schnelle nicht herauszufinden. Natürlich stand die Fotoreihe so, dass sie den "Bauplatz" im Rücken hatte. Trotzdem hat diese Aufnahme auch ihren Reiz, finde ich. (Aufnahme: bei Teisnach im September 2013).

In Bayerisch Eisenstein galt es auch Altlasten abzutragen, dazu hat es aber wohl nicht gereicht. Das Schlalthäuschen für den neuen BÜ musste offenbar unbedingt in die Verlängerung des Ausziehgleises gesetzt werden. Aber anstatt nun das nicht mehr nutzbare Gleis komplett abzutragen, wurde nur ein paar Meter entfernt. Und da der neue BÜ nur noch ein Gleis (von/nach Zwiesel, im Vordergrund) zu sichern hat, auf Straßenbreite gleich noch ein Stück! Und ein Gleisstück zwischen Straße und Schalthaus blieb auch liegen. Das muss man erst mal bringen! Dabei möchte ich hier nicht die schiefe Ausführung des nicht standardisierten Häuschen thematisieren und auch nicht darüber philosophieren, was passiert, wenn mal ein Fahrzeug etwas stärker auf den Prellbock trifft... (Juli 2014)

Bahnhof Regen, Blickrichtung Zwiesel. Vor einiger Zeit wurde der Bahnhof der Kreisstadt außer Betrieb genommen. Seitdem ist er ein Haltepunkt oder auch eine Anschlußstelle, denn die Gleisanlagen blieben liegen. Und sind noch nutzbar. Denn von Zeit zu Zeit werden Militärfahrzeuge be- oder entladen. Pech für den Fotografen: Just am Abend dieses Tages wurde ein solcher Militärzug in zwei Teilen nach Regen gefahren um hier entladen zu werden. (22.07.14)

Blick in Regen in Richtung Bayerisch Eisenstein. Die alten Stellwerke stehen zwar noch, die Weichen sind aber als Handweichen umgestellt. Die beiden Gleise links enden einfach so im aufgeschütteten überbreiten neuen Bahnsteig. (22.07.14)

Auch in Berlin gibt es reichlich Brachen. In Berlin-Wuhlheide zum Beispiel. Hier gab es einst einen größeren Rangierbahnhof. Mittlerweile sind aber alle Gleise entfernt und seit etlichen Jahren wachsen Bäume auf dem Gelände. Lediglich einige Signale blieben aus unerfindlichen Gründen stehen. Dieses Signal ist übrigens ein altes Rangiersignal. Normalerweise nutzte die DR für diese Zwecke das bekannte gelbe "W" (Ra11). Als reine Lichtsignal was es eher selten. Die oberen beiden Optiken strahlten einst in rot (Normal- und Ersatzrot). Die kleinen schräg zu einander stehenden Optiken bildeten die beiden weißen Lichter des Ra12. Im übrigen sieht man im Hintergrund noch ein altes Ausfahrsignal von hinten und 2 Bremsprobesignale. (26.02.15)

Kaum zu glauben, aber wahr. An der Grenze zwischen Österreich und Deutschland im Inntal zwischen Kufstein und Kiefersfelden stand im April 2015 direkt an der Strecke noch dieses Schild. Alle (!) aufgeführten Dienststellen, die hier an einander grenzten gibt es nicht mehr bzw. heißen durch Neuorganisationen anders. Aber auch die Struktur ist natürlich eine völlig andere.

Suchbild mit Signal! In Bad Blankenburg (Thüringer Wald) zweigte einst eine eingleisige Strecke nach Rudolstadt-Schwarza ab. Die "Kurve" ist schon seit fast 20 Jahren still gelegt, abgebaut und zum Radweg verwandelt. Im Bf Bad Blankeburg haben sich jedoch ein paar Relikte erhalten. Das Stellwerk ist das alte Wärterstellwerk Bm, welches für die "Kurve" verantwortlich war. Warum es noch steht, ist unklar. Noch seltsamer erscheint, warum das Ausfahrsignal, seiner Optiken zwar beraubt, auch noch steht. Alles andere, Gleise, Weichen, Bahnübergang usw. sind schon lange entfernt und werden sich selbst überlassen. Ein kleiner Urwald entsteht. (2015)

Typischerweise werden kurz vor Stilllegungen noch größere Investitionen getätigt. In Bad Blankenburg war das nicht anders. Die beiden Bahnsteiggleise für die "Kurve" erhielten kurz vor Schluss Mitte der 1990er Jahre noch neue Bahnsteigkanten und einen neu gepflasterten Bahnsteig. Bis heute (2015) hat es dafür für die beiden nach wie vor in Betrieb befindlichen Bahnsteige an der Strecke Saalfeld - Arnstadt nicht gereicht.

Neustrelitz Süd. Ausfahrbereich Richtung Feldberg. Im Gegensatz zu Bad Blankenburg ist die Infrastruktur hier zumindest noch nicht offiziell stillgelegt. Gelegentlich befährt ein Sonderzug die Strecke. Dafür braucht es selbstverständlich kein Stellwerk mehr. Die Weichen sind auf Handbetrieb umgestellt. (September 2015)

Blick in die Gegenrichtung. Hier ging es nach Mirow. Mit dem ESTW Neustrelitz wurde die Anbindung der Strecke an den Hauptbahnteil vollzogen. Das Streckengleis endet somit knapp außerhalb des Bildes am Prellbock. Warum das linke Signal nicht ausgekreuzt ist, kann nicht gesagt werden. Mutmaßlich ist aber nur der Befestigungsdraht weggerostet. Aber wie in Bad Blankenburg gab es auch hier noch Investitionen. Alle Signale verfügen noch über die PZB-Magneten, die man kurz vor Schluss anbrachte. (05.09.15)

Das ist das Streckenende in Feldberg der Strecke von Neustrelitz her. Usprünglich ging das Gleis noch in einen Anschluss zu einem Getreidewerk weiter. Am 05.09.15 war mal wieder ein Zug gekommen. Und auch der Prellbock wurde benötigt, da die Zuglok umsetzen musste.

Aushang am Bf Feldberg, gesehen am 05.09.15. Die Frage, warum der Bf in Feldberg ein Denkmal ist, erschließt sich von außen nicht. Aber der Besitzer scheint es zu wissen und auch seinen Mut noch nicht verloren zu haben Und dies ist ja aller Ehren wert.

Zelten auf dem Bahnsteig, scheint eine erstrebenswerte Alternative zum Zeltplatz zu sein. ;-) Oder wartet man auf den nächsten Zug? Nun ja, der letzte war zum Aufnahmezeitpunkt im September 2016 vor 8 Jahren gefahren. (gesehen in Luckau-Zentrum)

Nun gut. In Gegenrichtung sieht das Ganze schon nicht mehr so gepflegt aus. Hier geht der Blick Richtung Osten, gen Lübben. Für einen Zug dürfte die Zeit aber abgefahren sein (01.09.16, Luckau Zentrum)

Seifhennersdorf im August 2020. Hier ist seit Jahren kein Zug mehr gefahren. Und wenn wieder einer fährt, dann nur über die tschechische Grenze. Die Blickrichtung geht hier aber Richtung Deutschland, nach Eibau.

Das ist der Blick Richtung Varnsdorf (Tschechien). Zum Aufnahmezeitpunkt soll die Genehmigung zum Befahren den Grenzabschnitts erteilt worden sein. Der bestellte SPNV fand jedoch nach wie vor im SEV statt. Das Gleisanlagen sind zugewachsen, die Schrankenanlage demontiert (und deshalb hier nicht mehr auszumachen) und der Zugang zum Bahnsteig ungeklärt. (Seifhennersdorf, 04.08.20)

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