Tag 1 - von Patras nach Pirgos (11.04.13)


Am Donnerstag ging es um 9Uhr planmäßig in Patras los. Wobei "losgehen" relativ ist. Für die 10 km bis zum nächsten Bahnhof Vrachneika benötigten wir fast eine Stunde Fahrzeit. Ursache waren die vielen Bahnübergänge, deren Sicherungsanlagen außer Betrieb sind. Das trifft im übrigen ausnahmslos auf alle BÜ an den nicht mehr planmäßig befahrenen Strecken zu. Laut hupend, langsam fahrend, manchmal auch anhaltend, ging es dahin. Für einen kurzen Stop sorgte ein Kran an einer Baustelle für eine Schnellstrasse. Das Krangut hing in unserem Profil. Kuriosum am Rande: an dieser Baustelle war auch eine Hilfsbrücke für unser Gleis eingebaut - für eine Strecke, auf der normalerweise nichts mehr fährt!
In Vrachneika und kurz daruf in Achaia gab es 2 Fotohalte, auf deren Wiedergabe ich des ungünstigen Sonnenstandes wegen verzichte. Dafür ein Foto, entstanden nach knapp 45 Kilometern während der Mittagspause in Varda. Unser Zug bestand aus den beiden Alcos A.9101 & 9105, einem Kesselwagen, einem Reisezugwagen, 2 Gepäckwagen - welche innen mit Bänken und Tischen ausgerüstet waren - und am Schluß ein Gepäckwagen für das griechische Personal.


Nach der Mittagspause ging es in doch recht flotter Fahrt weiter bis Pirgos, 100km von Patras entfernt. Die Strecke verläuft immer in Küstennähe durch vorwiegend landwirtschaftlich gegnutztes Gebiet. Mitunter gibt es auch kurze hügelige Abschnitte, die dieses Foto ermöglichten. An den Schiebetüren der Packwagen waren Lochbleche angeschweißt worden, so dass man ohne Selbstgefährdung an der offenen Tür stehen und die vorbeiziehende Landschaft genießen konnte. Fotohalte gab es zwischen Varda und Pirgos leider keine.


In Pirgos zweigt eine 12 Kilometer lange Strecke nach Katakolo - direkt an der Westküste des Peloponnes gelegen - ab. Das war das Tagesziel unseres Zuges. Katakolo ist aber nur ein kleines Nest, dort war kein Hotel mehr zu bekommen. Stattdessen wurde eines in Pirgos gebucht. Daher entschloss ich mich, bereits in Pirgos den Zug zu verlassen - in der sicher nicht falschen Überlegung, dass es wohl schwierig werden würde, in Katakolo ein Taxi zu bekommen. Jedenfalls schwieriger, als am nächsten Morgen in der Kleinstadt Pirgos ein Taxi nach Katakolo. Und wenn nicht, so würde ich in zumindest in Pirgos wieder zusteigen können.
Um nach Katakolo zu kommen, musste in Pirgos Kopf gemacht werden. Zudem gibt es in Katakolo kein Umfahrgleis mehr. Das hieß also, den Zug in ein Sandwich zu verwandeln. Die Alco A.9105 wurde deshalb ausrangiert und an das andere Zugende gekuppelt. Auf diese Weise fuhren die Loks mit dem kurzen Vorbau voran. Hier bei der Ausfahrt aus Pirgos. Rechts der GTW für den von Pirgos ausgehenden Verkehr nach Olimpia und Katakolo.


Nach der Abfahrt des Zuges entschloss ich mich im Bahnhofs-Kafenion einen Kaffee zu bestellen. Dort war nach dem Verschwinden der Sonderzugfahrgäste wieder Ruhe eingekehrt und ich als Einziger (absichtlich) zurückgeblieben. Im Kafenion war ein einziger - weiblicher - Gast. Sie fragte mich, ob ich auch zum Sonderzug gehören würde und warum ich nicht mitgefahren sei. Dann bat sie mich mit zu kommen, sie wolle mir einen besonderen Zug zeigen, den die anderen nicht gesehen hätten. Nach dem Überklettern zweier Fahrzeugreihen präsentiere sich im schönsten Sonnenlicht diese 1'D1'-Maschine. 10 Loks dieses Types wurden 1951 bei Breda in Italien beschafft. Es dürfte sich dabei um die D7.115 handeln, die schon Mitte der 90er Jahre hier stand. Eine Nummer war indes nicht mehr zu erkennen.
Nachdem "Dornröschen" abgelichtet war, ging es zurück um endlich den bestellten griechischen Kaffee zur trinken. Wer hätte das gedacht? Die freundliche Griechin sollte ich später nochmals treffen.


Nach dem Kaffee sah ich, dass die Fahrdienstleiterin noch da war. Gäbe es heute noch einen Zug, fragte ich. Heute nicht mehr, war die Antwort. Also nahm ich meine Sachen, um im 100m entfernten Hotel erst einmal einzuchecken. Aber natürlich hielt es mich nicht dort. Zurück zum Bahnhof! Die dortigen Fahrzeuge wollten noch einmal in Ruhe fotografiert werden. Hier sehen wir die Alco-"Hilfslok" von Pirgos, die bereit steht, den eventuell liegen gebliebenen GTW abzuschleppen.


Dahinter steht dieser 3-teilige Ganz-Mavag Triebwagen, 1985 aus Ungarn in 11 Exemplaren beschafft. Vorn der Steuerwagen 092. Der Triebkopf ist der 6467. Bei diesem Typ werden beide Drehgestelle durch einen 1140PS-Pielstick-Motor angetrieben. Leider ist er derzeit nicht betriebsfähig. Wer, warum und wann hier die äußerliche Aufarbeitung betreibt, war nicht zu erfahren. Alle anderen Ganz-Mavag-Triebwagen (auch die 4 vierteiligen) sollen, sofern sie nicht schon verschrottet sind, auf der Stichstrecke von Kavassila (zwischen Varda und Pirgos) nach Killini abgstellt sein.


Dahinter dieser mit Unfallschaden abgestellte GTW. In Pirgos standen somit 5 von 12 GTW-Einheiten (5 sind in Patras, 2 müssten mehr oder weniger stark beschädigt in Piräus stehen). Nur ein GTW wird hier für den Regelverkehr benötigt. Die Werkstatt befindet sich hinter den beiden GTW. Dort traf ich Niko, den Mechaniker. Der freute sich über den Besuch aus Deutschland und führte mir stolz den eingebauten MTU-Motor vor. Auf die Frage, ob man große Probleme mit den überall auf den Fahrzeugen befindlichen Grafitti habe, wehrte er ab. "Nein, nein", die Grafitti hätten sie alle in Athen bekommen. Sowas gäbe es in Pirgos nicht. Auch seien alle GTW betriebsfähig. Auf meine Frage, was denn mit dem ohne Schürze sei, lächelte er nur vieldeutig...


Es ist eine südeuropäische Angewohnheit, Dinge die man nicht mehr braucht, irgendwo hinzustellen und dann sich selbst zu überlassen. Deshalb kann man auch Jahre später noch Sachen finden, die anderswo schon lange dem Wertstoffkreislauf überantwortet worden wären. Diese 3 Draisinen dürfte schon seit vielen Jahren keiner mehr benutzt haben. Es standen auch noch weitere im Bahnhofsbereich herum. Die SPAP beschaffte einst 48 dieser kleinen Fahrzeuge bei einem griechischem Hersteller (Ragusis).


Leider nur gegenlichtig aufzunehmen waren diese 2 Mitsubishi-Loks (9419, dahinter 9402). Theoretisch müsste zumindest noch eine betriebsfähig sein, da die Strecke nach Olimpia von den Alcos nicht befahren werden darf... theoretisch. Anschließend begab ich mich zurück zum Bahnsteig, um zu warten, bis die Sonne ein paar Fahrzeuge besser ausleuchten würde.


Plötzlich war von Ferne Hupen zu vernehmen und die Fahrdienstleiterin trat auf den Bahnsteig. Bereit von dort aus die Schranken am Westkopf des Bahnhofs zu schließen. Aber was kam da? "Kommt der Sonderzug zurück?", fragte ich. "Ja, er wird im Gleis 2 übernachten" so die Antwort. Wenn man das nun wieder gewusst hätte... Aber nein, für mich war es die beste Entscheidung, in Pirgos zu bleiben. Sonst hätte ich nicht die interessanten Gespräche mit der Fahrdienstleiterin, dem Mechaniker und der oben erwähnten Griechin führen können. Ganz abgesehen davon, dass einige Fahrzeuge nicht zu fotografieren gewesen wären. Hier rumpelt der Sonderzug von Katakolo kommend wieder in Pirgos ein.


Nachdem die letzten Mitfahrer ausgestiegen waren, zog der Zug vor. Niko (hier neben dem Zug stehend) wartete dort schon und nahm das blaue Fass, welches mehr oder weniger sanft aus dem Gepäckwagen gekippt wurde, in Empfang. Wir hatten es aus Patras mitbegracht. Der Zug drückte an den Bahnsteig zurück und Niko kam mit einem Gabelstapler quer über die Gleise gefahren und brachte das Fass ins Depot, dass links zu sehen ist. Übersetzt heißt das Schild in etwa "Mechanische Station Pirgos". Was wohl im Fass gewesen war?


17 Uhr, Feierabend. Das Zugpersonal wurde mit dem Auto der Fahrdienstleiterin in die Übernachtungen gefahren, bevor sie selbst davon fuhr. Niko kam noch kurz vorbei, er hatte von irgendwo noch ein paar Erdbeeren aufgetrieben. Deren Ernte war schon angelaufen, wie unterwegs zu sehen gewesen war - schmeckten aber noch nicht süß. Trotzdem danke, Niko. Es blieb die Griechin aus dem Kafenion, die sich als Eisenbahnerin (?) entpuppte und sich anschickte, den Zug innen sauber zu machen. Schön dass die OSE auch daran gedacht hatte.


Ob dieser Kran noch einsatzfähig ist? Auch hier stellt sich wie am Vortag diese Frage. Ich sah mehrere dieser 2-Wege-Unimogs auf den Strecken der SPAP. Aber alle sahen schon ziemlich "alt" aus. Es war das letzte Bild des Tages. Später erkundete ich noch das zwischen den Strecken nach Katakolo und Patras gelegene Gleisdreieck, wo früher die Großdieselloks gewendet wurden, weil Pirgos keine Drehscheibe besitzt und man sofern möglich mit dem kurzen Vorbau voran fährt. Offenbar war aber über das zugewachsene Gleis seit Ewigkeiten kein Fahrzeug mehr gefahren. Allerdings war zu erkennen, dass sich an der Weiche an der Strecke nach Patras jemand zu schaffen gemacht hatte. Das wird noch von Bedeutung zu sein. Aber das konnte ich an diesem Abend natürlich nicht ahnen.


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