Tag 3 - von Kalamata nach Korinth (13.04.13)

Die Königsetappe mit 258 zu fahrenden Kilometer stand an diesem Samstag bevor. Auch landschaftlich ist diese Strecke einmal quer über den Peloponnes einmalig schön. Von Meershöhe winden sich die Züge in mehreren Etappen auf 814 m über NN, dann geht es wieder hinunter ans Meer bei Argos, um dann noch einmal auf den letzten 53 Kilometern bis Korinth einen Sattel auf etwa 320m Höhe zu überqueren. Die komplette Strecke wurde in den Jahren 2005 - 2009 grundlegend saniert - EU finanziert. Da jedoch gleichzeitig - ebenfalls EU finanziert - nahezu parallel eine neue Autobahn durch die Landschaft geschlagen wurde, wurde der südliche Streckenabschnitt Tripolis - Zevgolatio gar nicht erst wieder in Betrieb genommen! Ein Unfall im Dezember 2010 auf dem nördlichen Streckenabschnitt nahm im Januar 2011 die OSE zum Anlass, den gesamten Betrieb auf dem Peloponnes mit Ausnahme der Strecken um Patras und Pirgos einzustellen. Damit befindet sich die Bergstrecke in einem hervorragendem Zustand, ist jedoch ohne planmäßigem Zugverkehr. In der Zwischenzeit schlugen Buntmetalldiebe an den neuen Bahnübergangsanlagen der Bauarten Bombardier und Siemens zu und entwendeten Kabel und Schaltschränke. In der Folge ist kein BÜ mehr betriebsfähig.


Bereits um 8 Uhr war Abfahrt angesagt, da hieß es früh aufstehen. Mein Hotel lag direkt am Hafen, so dass nach dem verlassen des selbigen noch die Hafengleise abgelichtet werden konnten. Zur Inbetriebnahme müssten man lediglich die Teerdecke entfernen. Im Rücken des Fotografen, wenige hundert Meter entfernt liegt der Eisenbahnpark Kalamata mit seinen Ausstellungsstücken. Da die Sonne noch nicht über den Bergrücken gestiegen war, wurde schweren Herzens auf den Besuch verzichtet.


Unser Zug rollt aus dem Depot kommend in den Bahnhof Kalamata ein. Wer genau hinschaut bemerkt, dass der erste und letzte Wagen gegeneinander getauscht wurden.


In Kalamata gab es die einzige elektrisch fernbediente Weiche auf dem Peloponnes. Diese war auch durch Signale gesichert. Die entsprechende Bedieneinrichtung - im Jahr 2001 noch in Betrieb - steht beim Fdl in Kalamata. Für ein Foto räumte er sie bereitwillig frei. Die Bauart des Pultes und der quadratischen Felder lassen auf die DDR-Bauart WSSB schließen. Links unten steht in der bei WSSB üblichen Schrift das deutsche Wort "Hilfstaste" & "W1/4". Das Gleis links führt in den Bf Kalamata, rechts geradeaus ins Depot und der Weichenabzweig ist das Streckengleis Richtung Zevgolatio.


Hinter Zevgolatio werden auf etwa 20 Kilometer Strecke etwa 400 Höhenmeter überwunden. Das Gleis windet sich meist in Hanglage bergan, fährt mehrere Seitentäler aus oder quert diese auf solchen Brücken. Auch Tunnel gibt es. Bei Chrani ist der Scheitelpunkt fast erreicht. Oder "war", denn der Zug rollte für diese Aufnahme noch einmal etwa einen Kilometer zurück.


Wenige Sekunden später kam er wieder von links aus der Kurve. Die Gegend um Chrani war im Jahr 2007 ebenfalls von den schweren Waldbränden betroffen. Die Folgen sind noch allgegenwärtig. Auch wenn der Frühling noch nicht auf der Höhe (etwa 520m NN) eingezogen war, grünt es doch überall.


Da wir die Bergstrecke an einem Wochenende befuhren, ließen es sich die griechischen Eisenbahnfreunde nicht nehmen, dem Ereignis beizuwohnen. Im Bahnhof von Leontari gibt es ein beliebtes Motiv, so dass eine Fotolinie notwendig war. Schön sieht man auch den Top-Zustand der Gleisanlagen...


Die Brücke von Manari ist ebenfalls ein Standardmotiv, welches fast zu jeder Tageszeit aus diversen Blickwinkeln umgesetzt werden kann. Es geht wieder stark bergauf. Heraus aus der Hochebene von Megalopois (tiefster Bahnpunkt bei ca. 385 Höhenmeter) über den Pass bei Kalogeriko, welcher auf 814 Metern liegt. Anschließend fällt die Strecke hinunter auf die Tripoliser Hochebene, die bei etwa 650 m über NN liegt.


60 (!) Minuten Mittagspause in Tripolis. Immerhin hängt noch der Aushangfahrplan, wie er bis Januar 2011 gültig war. Für alle die in ihn nicht interpretieren können, linke Seite: Abfahrt mit der Schnellbahn in Athen 7:06, Ankunft Korinth 8:13. Nach einem "Turnschuhanschluss" geht der erste Zug ab Korinth um 8:17 Uhr, Mikene ab 8:54, Argos an 9:03, Nafplio an 9:13. Der zweite Zug fährt ebenfalls nach Anschluss aus Athen in Korinth um 9:16 Uhr los, Argos 10:01/05, aber nicht nach Nafplio sondern nach Tripolis an 11:03 Uhr. Auf der rechten Seite die Gegenrichtung. So kann man schön die Umläufe rekonstruieren. Um 10 Uhr fand in Argos sogar ein 3-Zug-Treffen statt. Eindeutig ist zu erkennen, dass südlich von Tripolis bereits kein Zug mehr fuhr!


Die folgenden Kilometer sollte man sich mal auf Google-Earth anschauen. Stetig moderat fallend umfährt die Strecke oben am Hang einen Bergrücken.Wir rollten an etlichen potentziellen Fotomöglichkeiten vorbei. Aus Zeitgründen, schließlich ist es schon nach 14 Uhr und wir haben noch 125 Kilometer vor uns, waren nur noch 2 Fotohalte drin. Der erste unweit des Haltepunktes Agh. Sofia.


Wenige Kilometer weiter erreicht die Strecke den Talkessel von Achladokampos, aus dem es nur einen Ausgang gibt. Jetzt geht es steil den Kessel umfahrend abwärts. Der größte Kunstbau ist kurz vor dem Talboden der Betonviadukt von Achladokampos, 252 m lang, 65 m hoch. Die ursprüngliche Brücke wurde 06.09.44 von der Deutschen Wehrmacht sinnloserweise gesprengt, der Neubau jedoch erst am 16.02.1974 in Betrieb genommen. Um den Verkehr aufrecht zu erhalten, wurde nach 1945 die Spitzkehre Sirtis errichtet, die sich links in etwa einem Kilometer Entfernung befindet. Nach der Inbetriebnahme der Brücke ließ man die Gleise liegen und nutzt diese traditionell zum abstellen der Fahrzeuge. Während das Gleis südlich der Brücke nicht mehr angeschlossen ist (links unten im Bild sieht man die letzten Meter), befindet sich nördlich der Brücke die notwendige Zugangsweiche. Die im Hintergrund zu sehenden Fahrzeuge stehen schon auf dem Gleis Richtung Spitzkehre.


Nach Verlassen des Talkessels von Achladokampos geht es noch einmal stark bergab in die Argolis-Ebene, die auf Meereshöhe liegt. Ab Argos (die ältetse dauerhafte Siedlung Europas!) existiert noch eine 11 Kilometer lange Stichstrecke nach Nafplio. Trotz unserer Verspätung wollten die Briten die Strecke unbedingt befahren. Leider ist sie ohne Höhepunkte. Zudem hatte man sich im zeitlich grob verkalkuliert. Statt 10 Minuten brauchte unser Zug eine halbe Stunde für eine Richtung. Ursache waren die vielen Bahnübergänge, deren Technik nicht mehr funtioniert. Auch der Aufenthalt dauerte länger, weil das örtliche Fernsehen von der Sensation einer Zugfahrt Wind bekommen hatte. Damit mussten wir uns auch von einem Fotohalt zwischen Argos und Korinth verabschieden.


Der Fahrplan hatte 18 Uhr als Ankunftszeit vorgesehen. Spätestens 19 Uhr wollte die griechische Mannschaft in Korinth sein, da für diese Zeit der Tankwagen bestellt war. Zum Schluss "mussten" wir aber noch einen Abstecher zum neuen Regelspurbahnhof Korinth machen. Dort sind 2 Gleise als Drei-Schienen-Gleis ausgeführt und von dort sind nach der Sanierung bis zur Einstellung des Verkehrs die Meterspurzüge abgefahren. So wurde es 19:45 Uhr bis wir im alten Bahnhof ankamen. Danach musste noch rangiert werden. Wie in Kalamata wurden Reise- und Mannschaftswagen erneut gegeneinander ausgetauscht. Man achte auf den Standort der Alstom-Diesellok...


... die hier ein paar Meter weiter als auf dem Bild zuvor steht. Dazu wurde die Lok mit dem anderen Zugteil, den man auf dem oberen Bild rechts gerade noch wegfahrend erahnen kann, im wahrsten Sinne des Wortes weg gestoßen. Also es wurde nicht etwa langsam heran gefahren und die Lok ein paar Meter verschoben. Nein! Man fuhr auf die Lok relativ stark auf und schubste sie somit weg. Und da einmal nicht reichte, auch noch ein zweites Mal. Auch ein altes Zugpferd hat eine solche Behandlung eigentlich nicht verdient...

Anschließend sollte es für mich zu etwas kommen, an das ich nicht einmal im Traum gedacht hätte. Auf der Fahrt nach Korinth stellten Hans und Erich (beide langjährige Griechenlandkenner) und ich fest, dass wir im selben Hotel übernachten würden. Dieses liegt aber direkt am Isthmos, etwa 4 Kilometer entfernt. Was lag also näher als zu vereinbaren, dorthin gemeinsam ein Taxi zu nehmen. Nach unserer Ankunft trafen Hans und Erich mit Giorgos einen gemeinsamen Freund, der ihnen anbot, sie ins Hotel zu fahren - und mich natürlich auch. Aber nicht nur das! Am nächsten Tag könnten wir - also auch ich - mit ihm im Auto den Zug verfolgen. Wer würde dieses Angebot ausschlagen?

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